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Nationalpark Ostsee

Ja zu mehr Schutz für die Ostsee - Nein zum Nationalpark Ostsee

Erste Berichte über einen von Umweltminister Tobias Goldschmidt aus dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Klimaschutz, Umwelt und Natur (MEKUN) geplante Etablierung eines Nationalparks Ostsee erreichten die Ostseeküste Schleswig-Holsteins bereits im Herbst letzten Jahres. Im März 2023 wurden diese Pläne erstmals im Rahmen einer Auftaktveranstaltung zum Konsultationsprozess öffentlich vorgestellt. Hintergrund ist der Koalitionsvertrag für die 20. Wahlperiode (2022-2027) zwischen CDU und Bündnis 90/Die Grünen, der einen Prüfauftrag enthält, ob überhaupt und in welcher Form ein Nationalpark Ostsee eingerichtet wird. Entschieden werden soll dies zur Mitte der Legislaturperiode, also Mitte 2024.

Was ist geplant und was genau bedeutet es, wenn die Ostsee zum Nationalpark deklariert wird?!

Das Umweltministerium möchte den Schutz der Ostsee stärken und im Zuge dessen ein großflächiges Schutzgebiet einrichten – angestrebt wird eine Fläche von 1.620 km2. Die Gesamtgröße der Ostsee beträgt jedoch 412.500 km2 und somit erscheint es fragwürdig, ob die Einrichtung von zusätzlichen Verboten und Einschränkungen zu den bereits bestehenden FFH-, Naturschutz oder anderen Gebieten zu einer signifikanten Verbesserung beitragen kann?! Und, ob die wirtschaftlichen und privaten Einschränkungen, die durch den Nationalpark Ostsee entstehen, im Verhältnis zu dieser Verbesserung stehen?! Gerade die sogenannte Nullnutzungszone (menschliche Nutzung ausgeschlossen) von rund 50% der Gesamtfläche, die einen Nationalpark erst dazu werden lässt, ist eine besonders stark diskutierte Größe. In den aktuell geführten Debatten wird zudem deutlich, dass in einigen Jahren mit bis zu 100% Nullnutzungszonen für den geplanten Nationalpark Ostsee zu rechnen sein kann. Dieses könnte ein komplettes Betretungsverbot nach sich ziehen.

In einem ersten Entwurf geht es um folgendes Potenzialgebiet:


Bisher sind keine wissenschaftlich erarbeiteten Konzepte präsentiert worden, wie die in der Grafik abgebildeten seeseitigen, landseitigen und atmosphärischen Belastungen durch einen Nationalpark Ostsee signifikant eingedämmt werden sollen. Zudem ist die Potenzialfläche mit einem Gebietsanteil von 0,39% der Ostsee nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein“ und fraglich ist, ob das angestrebte Verbotspotenzial für die Ostsee und alle Küstenbewohner und Touristen einen Nutzen mit sich bringen würde.

Die Gesetzeslage ist eindeutig: Das Land Schleswig-Holstein würde die Entscheidungskompetenz bei Einrichtung eines Nationalparks an den Bund und die EU-Gesetzgebung übertragen. Das bedeutet, dass zukünftig eine Gestaltung des Wirtschafts- und Kulturraumes Ostsee sowie die Verwirklichung von selbstentwickelten Umweltschutzmaßnahmen erschwert wird. Es wird eine Nationalparkverwaltung eingerichtet, die über die Nutzung der Ostsee, ihre Strände und somit auch den Wassersport entscheidet. Sobald der Nationalpark per Gesetz steht, müssen darin Gebiete festgesetzt werden, die sich „in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand befinden …“ So will es §24 des Bundesnaturschutzgesetzes.

Wie ist die Positionierung der WiSH?

Für das Land Schleswig-Holstein ist der Wassertourismus von sehr großer Bedeutung. Alle Wassersportler und Betriebe, die der Verein repräsentiert, sind seit Jahren an einer nachhaltigen und umweltschonenden Nutzung der Ostsee beteiligt. Die nun angedachten Planungen für einen Naturpark Ostsee haben die Mitglieder jedoch einstimmig durch Beschluss abgelehnt! Als sinnvolle Maßnahme zum Schutz der Ostsee, ihrer Lebewesen und Pflanzen fordert die WiSH die vollständige Räumung und Entfernung der in Nord- und Ostsee lagernden Altlasten von ca. 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition und 5.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe. Diese Maßnahme sollte mit Priorität vor allen weiteren Überlegungen stehen. 

Die im Zusammenhang mit einem Nationalpark unausweichlichen Nullnutzungszonen, die Wassersport und andere küstennahe Aktivitäten verbieten, sorgen darüber hinaus weder für weniger Eintrag von Düngemitteln noch können sie zunehmende Sauerstoffarmut sowie die Temperaturerhöhung verhindern. Die Ostsee benötigt für ihre Erhaltung und Regeneration eine selektive und umsichtige Wiederherstellung der Wasserqualität, die besonders nachhaltig durch Verzicht und Entnahme von chemischen Verunreinigungen sowie die lokale Aufbereitung eines gewässerreinigenden Untergrundes erreicht werden kann. Da sich besonders die Küstenbereiche Schleswig-Holsteins zunehmender touristischer Beliebtheit erfreuen, können hierdurch innovative Vorzeigeprojekte zur „Revitalisierung der Ostsee“ und deren gezielter Vermarktung möglicherweise sogar zukunftsweisende nachhaltige Win-win-Situationen entwickeln. Verbote führen nicht zu einer Förderung der wirtschaftlichen und touristischen Entwicklung von Schleswig-Holstein, die gerade im Hinblick auf die Regeneration der Ostsee finanziell sehr wichtig erscheint.

Und wie geht es jetzt weiter?

Der Konsultationsprozess ist im März 2023 offiziell gestartet. Für die Monate Juni und Juli sind mehrere Workshops für die verschiedenen Interessengruppen entlang der Ostsee angesetzt, um die Anliegen zentraler Vereine und Verbände zu hören und Ideen zum Schutz der Ostsee einzubringen. Die WiSH ist durch ausgewählte Mitglieder in den Workshops zu Themenbereichen Fischerei, Wassersport und Tourismus vertreten. Zusätzlich engagiert sich die WiSH in der entstandenen Interessengemeinschaft Nationalpark Ostsee. In einem Offenen Brief an die Landesregierung und das Umweltministerium fordert sie gemeinsam mit zahlreichen unterzeichnenden Vereinen und Verbänden, Kommunen und Unternehmen, von dem Nationalpark Ostsee zu lassen und andere, ebenfalls zum Schutz der Ostsee geeignete Maßnahmen zu ergreifen.